Leistungsreserve Regeneration - Aktive Regeneration

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29. Januar 2018 - 10:38

Leistungsreserve Regeneration - Aktive Regeneration

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aktive Regeneration

Die aktive Regeneration ist eine weit verbreitete Methode im Leistungssport. Dabei unterscheidet man zwischen „Cool Downs“ direkt nach dem Training oder Wettkampf oder kompletten aktiven Regenerationseinheiten an freien Tagen.

Der Cool Down wird meist selbstständig im unmittelbaren Anschluss an Trainings- oder Wettkampfbelastungen von den Athleten durchgeführt. Dies kann sowohl eine kurze als auch eine ausgedehnte Regenerationseinheit mit einer Dauer von 15 bis 30 Minuten sein. Die aktive Erholung wird in verkürzter Form auch während einer (Intervall-) Trainingseinheit oder zwischen aufeinanderfolgenden Wettkämpfen zur schnelleren Erholung eingesetzt. (Meyer et al. 2016) Da die aktive Regeneration besonders in den Ausdauersportarten sowie Sportspielen verbreitet ist, sehen wir oft Sportler ausradeln, schwimmen, laufen, rudern oder sich in Kombination mit gymnastischen Elementen oder Stabilisationsübungen direkt nach dem Training oder dem Wettkampf ihr „Cool down“ – Programm durchführen.

Auch aktive Regenerationseinheiten an freien Tagen werden meist selbstständig von den Athleten durchgeführt.
In Ausdauersportarten, wie dem Radsport, können an Erholungstagen die Einheiten 30 – 90 Minuten lang sein. Dabei wird möglichst unter 65 Prozent der Schwellenherzfrequenz, mit einer Wattleistung von unter 60 Prozent trainiert. (Diegner, 2017, Dodd et al. 1984)

Diese Programme sollen besonders der Laktatreduktion und PH – Wert – Regulation nach hohen Belastungen dienen. (Barnett, 2006, Watts, 2000, Fairchild et al., 2003). Laktat ist noch heute ein diagnostischer Parameter der Ausdauerleistungsfähigkeit. Doch es ist kein geeigneter Marker, um muskuläre Ermüdung zu diagnostizieren oder der Hauptfaktor von Ermüdungserscheinungen. Zudem muss eine erhöhte Blutlaktatkonzentration nicht zwingend mit Sauerstoffmangel einhergehen (Boutellier,2006; Gladden, 2007, Wahl et al. 2009, Brooks, 2009).

So fand man in einigen Studien heraus, dass eine aktive Regeneration, trotz Laktatreduktion, keinen positiven Einfluss auf die Leistung hatte. (Bond et al., 1991, Weltman et al. 1979, Weltman, Regan, 1983, Watson, Hanley, 1986). So bleiben z. B. die muskuläre Leistungsfähigkeit in Sprint und Sprungkraft sowie die Entstehung von subjektiven und objektiven Muskelbeschwerden (CK und Entzündungsmarker) durch einen beschleunigten Laktatabbau meist unbeeinträchtigt (Andersson et al., 2010). Andere Studien zeigten keine Unterschiede in der Laktatreduktion zwischen der passiven und aktiven Regeneration (Bogdanis et al., 1996, Connolly et al., 2003, Dorado et al., 2004). Aus diesen Gründen wird die Laktatreduktion als kein wichtiger Parameter für die Regenration angesehen. (Robergs et al.,2004). Die Halbwertzeit von Muskel - Laktat beträgt etwa zwischen neun und zehn Minuten (Sahlin et al. 1976), die des Blut – Laktats um die 15 Minuten (di Prampero, 1981), während die letzten Reste ca. 90 Minuten nach einem hochintensiven Training eliminiert sind (Karlsson, Saltin, 1971). Da die Zeiträume zwischen den Trainingseinheiten in der Regel viel größer sind, macht dieser kurze Zeitrahmen das Thema Laktatreduktion als Indikator für eine hohe Qualität der Regeneration unwichtig. (Barnett, 2006). Doch dies ist nur ein Grund: Laktat ist ein wichtiger Energieträger und Energielieferant für die oxidative Energiebereitstellung sowie Hauptvorläufer für die Glykoneogenese und wirkt als Trigger für die Ausschüttung von Wachstumshormonen. Der weiter gesteigerte Energieumsatz durch die aktive Regeneration verlangsamt zudem die Wiedereinlagerung von Muskelglykogen. Wird das Laktat jedoch bewusst, durch eine aktive Regeneration, reduziert stehen dem Muskel weniger Wachstumshormone sowie Muskelglykogen zur Verfügung. Aus diesem Grund ist besonders nach Hypertrophietraining oder Maximalkraftrrainingseinheiten von Cool Downs abzuraten. (Fairchild et al., 2003, Meyer et al. 2016, Keferstein et al. 2015)

Es existieren zunehmend Belege, dass Laktat dem Körper sogar kurz- sowie langfristig helfen kann, intensive Belastungen im Training besser zu tolerieren. Dabei agiert Laktat auch als Energiequelle für den aeroben Stoffwechsel und stellt damit eine wichtige Verbindung von glykolytischem und aerobem Stoffwechsel her (Brooks, 2007; Hägele et al., 2009).

So sollte man, je nach Zielsetzung, die Wirkung des Laktats eher ausnutzen und Transport- und Verstoffwechselungskapazitäten (Umverteilungsprozesse) trainieren sowie z.B. auch passive Erholung zwischen intensiven Intervallen in Betracht ziehen. (Wahl et al. 2009) Eine Eliminierung des Laktats durch eine aktive Regeneration macht nur dann Sinn, wenn laktazide Reize als Konkurrenz zu aktuellen Trainingszielen steht. Dies ist bei der Entwicklung von Mitochondrien mittels aeroben Trainings, wie zum Beispiel beim Grundlagenausdauertraining, der Fall.

Auch wenn die Physiologie eher keinen großen Gewinn der aktiven Regeneration aufzeigt, kann auf der psychologischen Ebene diese Maßnahme sehr wohl von Nutzen sein. Sie bildet, wie das Aufwärmen, einen abschließenden Rahmen für das Training oder den Wettkampf. In dieser Zeit hat der Athlet die Möglichkeit auch mental wieder „herunterzufahren“. Eine zyklische Aktivität wie Radfahren oder Laufen wird zudem ein entspannender Effekt auf das zentrale Nervensystem zugeschrieben. (Keferstein et al. 2015) Besonders nach Wettkämpfen oder hochintensiven Einheiten, in denen sich der Athlet besonders motivieren oder mit starkem Druck umgehen musste, kann eine aktiven Regeneration der erste Schritt zu einer ersten psychologischen Verarbeitung, einem sogenannten De - Briefing, der gerade vollbrachten Leistung gehören.
Oft gehört dies Massnahme auch zu einem Ritual und geben dem Sportler Orientierung und Sicherheit.

Literatur:

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Barnett, Anthony (2006). Using Recovery Modalities between Training Sessions in Elite Athletes Does it Help? Sports Med 2006; 36 (9): 781-796 0112-1642/06/0009 0781/$39.95/0

Bogdanis GC, Nevill ME, Lakomy HKA, et al. (1996). Effects of active recovery on power output during repeated maximal sprint cycling. Eur J Appl Physiol 1996; 74: 461-9

Bond V, Adams RJ, Tearney RJ, et al. (1991). Effects of active and passive recovery on lactate removal and subsequent isokinetic muscle function. J Sports Med Phys Fitness 1991; 31: 357-61

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Brooks, G. A. (2007). Lactate: link between glycolytic and oxidative metabolism. Sports Med., 37 (4-5), 341-343.

Boutellier U. (2006): Die Milchsäure. Schweiz. Z. Sportmed. Sporttraumatol. 54: 109.

Connolly DAJ, Brennan KM, Lauzon CD. (2003). Effects of active versus passive recovery on power output during repeated bouts of short term, high intensity exercise. J Sports Sci Med 2003; 2: 47-51

Diegner, Philipp (2017). Die zweite Hälfte. Durch Regeneration zum Erfolg: Viel Hobbyathleten trainieren sich in ein Leistungsloch. Denn sie vernachlässigen nach dem Training die andere Seite der sportlichen Leistungsentwicklung: die Regeneration. Zeitschrift Rennrad 9/2017, S. 72 – 75 München

di Prampero PE. Energetics of muscular exercise. Rev Physiol Biochem Pharmacol 1981; 89: 143-222

Dodd, S, Powers, S.K., Callender, T., Brooks, E. (1984). Blood lactate disappearance at various intensities of recovery exercise. Journal of Applied Physiology, 57: 1462-1465

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Fairchild, T.J., Armstrong, A.A., Rao, A., Liu, H., Lawrence, S. & Fournier, P.A. (2003). Glycogen synthesis in muscle fibers during active recovery from intense exercise. Medicine and Science in Sports and Exercise, 35, 595-602.

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Gisolfi C, Robinson S, Turrell ES. (1966). Effects of aerobic work performed during recovery from exhausting work. J Appl Physiol 1966; 21: 1767-72

Gladden L.B. (2007): Is there an intracellular lactate shuttle in skeletal muscle? J. Physiol. (Lond.) 582: 899 (editorial).

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Hägele, Matthias, Zinner, Christoph, Wahl, Patrick, Sperlich , Billy, Mester, Joachim (2009). Aktiv oder passiv – der Effekt unterschiedlicher Erholungsprotokolle nach hochintensivem Intervall- Training (HIT). LEISTUNGSSPORT 6/2009. Philippka Münster

Karlsson J, Saltin B. (1971). Oxygen deficit and muscle metabolites in intermittent exercise. Acta Physiol Scand 1971; 82: 115-22

Keferstein, Gerrit, Adler, Stefan, Müller, Daniel, Houben, Pierre (2015). Eishockey Performance. Eigenverlag BOD

Meyer, Tim, Ferrauti, Alexander, Kellmann, Michael, Pfeiffer, Mark (2016). Regenerationsmanagement im Spitzensport. REGman – Ergebnisse und Handlungsempfehlungen. Sonderpublikation des Bundesinstituts für Sportwissenschaft

Robergs RA, Ghiasvand F, Parker D. (2004). Biochemistry of exercise-induced metabolic acidosis. Am J Physiol Regul Integr Comp Physiol 2004; 287: R502-16

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