Leistungsreserve Regeneration - Myofasziale Entspannungstechnik

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15. Februar 2018 - 15:12

Leistungsreserve Regeneration - Myofasziale Entspannungstechnik

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Myofasziale Entspannung
Regeneration

Immer öfters sieht man Sportler mit seltsamen schwarzen Rollen oder Bällen sich auf dem Boden herum rollen. Was hat es mit Rolle, Ball, Stick oder Duoball auf sich? Und wie wird diese Technik in der Regeneration eingesetzt?

In der Medizin sowie der Osteopathie erscheinen immer mehr Forschungsarbeiten über das Fasziensystem unseres Körpers oder über fasziale Behandlungstechniken. Viele dieser Publikationen zeigen eine Wirkung dieses Systems im Bezug auf muskuloskelettale Schmerzsyndrome.

Der Begriff „Myofaszie“ beschreibt die untrennbare Einheit aus dem Muskelgewebe (Myo-) und den umgebenen bindegewebigen Netzwerk (Faszie). (Myers, 2014). Für die Muskeln übernehmen die Faszien eine Schutz- und Stabilitätsfunktion.

Sie bestehen aus kollagenen und elastischen Fasern. Die kollagenen Fasern lassen sich nur auf bis zu maximal fünf Prozent ihrer Ausgangslänge dehnen. Daher sind sie je nach ihrer Lage oder Funktion für die Stabilität im System zuständig. Mit einem Anteil von ca. 30 Prozent sind diese Art der Faszien die am häufigsten im Körper vorkommenden Proteine (Schleip, 2014).

Die elastischen Fasern sind sozusagen das Gegenteil der kollagenen Fasern. Ihre Struktur, bestehend aus Elastin, welches in den Mikrofibrillen eingelagert ist, lässt sich bis auf 150 Prozent reversibel dehnen. Wie dehnbar die Faszien sind, bestimmt somit der Anteil der elastischen Fasern. Da beide Arten der Faszien mit mechanosensorischen Rezeptoren ausgestattet sind, kann man bei ihnen schon von einem Sinnesorgan sprechen.

Der interzellulären Raum zwischen den Faszien wird von einer gelartigen Grundsubstanz, der extrazellulären Matrix ausgefüllt. Die Matrix besteht aus Glykoproteinen, Proteinen und Polysacchariden. Die Grundsubstanz gewährleistet die Beweglichkeit der Faszien zueinander. (Schleip, 2014).

Durch Training oder Verletzung kann die Faszie ihre Elastizität verlieren. Es bildet sich Granulationsgewebe welches die Beweglichkeit der Faszien zueinander einschränkt und zu Verklebungen führen kann. Diese Verklebungen können zu lokalen oder sich auch über mehrere Segmente hinziehende Problemen führen.

Ein Mittel diese Verklebungen zu lösen ist die myofasziale Entspannungstechnik, auch self – myofascial – release (SMR) genannt, mit der Rolle (Blackroll, Foamroll), Ball (Blackball, Tennis-, Golf-, Lacrosse-, oder Softball), dem Stick oder dem Duoball. Dabei wird mit dem Rollen oder Ball die Faszie, die direkt unterhalb der Haut liegt, von Außen so manipuliert, dass sich durch den Reiz die Verklebungen lösen. Dabei führt die Spannung, die zunächst durch den äußeren Druck ausgelöst wird, zu einer Entspannung der Faszie. Die positiven Folgen sind eine Reduzierung von Muskelschmerzen (z.B. Muskelkater) sowie des lokalen Muskeltonuses und damit einhergehend eine kurzzeitige Erhöhung der Beweglichkeit (Cheatham et al., 2015, Macdonald et al. 2012, Sullivan et al. 2013, Healey et al., 2014, Pearcey et al., 2015). Somit zielt diese Technik in erster Linie auf eine Optimierung der neuronalen Reizweiterleitung und einer geordneten Remodulation des myofaszialen Gewebes hin. (Beardsley & Škarabot, 2015; Macdonald et al., 2013; MacDonald et al., 2014, Meyer et al., 2016).

Diese Art der Selbstmassage, im Englischen auch Self Myofascial Release (SMR) genannt, kann zu Beginn schmerzhaft und unangenehm sein. Sind jedoch nach einigen Anwendungen die ersten Verklebungen gelöst, verbessert sich die Fähigkeit mit der Rolle zu entspannen. Das Gewebe wird weicher und elastischer.

Somit wird die Arbeit mit der SMR mit zunehmender Zeit effektiver und zielführender. Der schöne Nebeneffekt dieser Anwendung zeigt sich in dem Biofeedback für den Athleten. Er merkt sehr schnell welche Areale gerade sehr verspannt sind. Er kann diese Problemstellen genau lokalisieren und selbst bearbeiten. (Calder, 2001)
In der Praxis hat der Hauptteil der Spieler den Sinn des Einsatzes dieser Technik erkannt und üben diese nicht nur im Training sondern auch Zuhause aus. Vorsichtig sollte man mit Verletzungen sein. Hier bietet es sich an vorerst keine myofasziale Entspannungstechnik anzuwenden. So sollte man nach einem Muskelfaserriss mindestens drei Tage warten bevor man den Muskel mit einer Rolle bearbeitet. (Keferstein, 2015)

Auch die motorische Kontrolle ist, ähnlich wie nach einer Massage, vorerst herabgesetzt. Daher wird in Studien auch oft die Herabsetzung der Muskelleistung nach myofasziale Entspannungstechniken beschrieben. (Cheatham et al. , 2015). Man sollte die die SMR als Teil eines Trainingssystems sehen. Dieses beinhaltet drei Stufen:

Stufe 1: Roll (SMR)
-    Ansteuern der Mechanorezeptoren
-    Myofasziale Spnnungsreduktion
-    Rehydration der Faszien
-    Verbesserung der Gewebequalität
-    Lösen von Adhäsionen
-    Veränderung der Kollagenstruktur
-    verbesserte Flüssigkeitsverschiebung
-    Ansteuerung der Sensorik
-    lokale Tonusreduktion
-    Einfluss auf das autonome Nervensystem
-    Beeinflussung von „TENDER“ und/oder TRIGGER POINTS

Stufe 2: Stretch
-    Das neuronale System an eine „neue“ bzw. nicht mehr bekannte Beweglichkeit (Range of Motion) heranführen
-    Dem Zentralnervensystem die Gelenkposition zurückmelden
-    Kurzfristig wird die Beweglichkeit erhöht

Stufe 3: Move
-    dem neuromuskulären System das Signal geben, dass diese neue Position sicher ist
-    Der Fokus der Übungen liegt dabei auf der statischer und dynamischer motorischer Kontrolle und umfasst meist nur ein oder wenige Segmente
-    Verfeinerung der sensomotorischen Informationsaufnahme
-    Langfristige Integration der segmental verbesserten Beweglichkeit in das Bewegungsmuster
-    Dieser Bereich kann in verschiedenen Abstufungen funktional erhöht werden bis hin zu sportartspezifischen Übungen wie Werfen, Springen, Sprinten,… (Adler, 2017)

Zudem gilt es zu beachten, dass die myofasziale Entspannungstechnik nicht gleichzusetzen ist mit dem myofaszialen Training. Die Entspannungstechnik ist nur ein Teil des Trainings. Das Training beinhaltet noch Übungsformen des Core-Trainings, ReCore-Trainings usw. und beinhaltet neben dem Lösen von Verklebungen auch Dehnung und Kräftigung. Eine Verschiebung der Faszien ist mit der SMR – Technik nicht zu erreichen. Hier sollte man auf das Flossing zurückgreifen.

Mögliche Techniken des SMR

  • FOAM ROLLING: Longitudinales Rollen – entlang des Faserverlaufs (entspanntes Rollen / bei Gelenkschmerzen versuchen die Faszie vom Schmerz zu „ziehen“ / für konzentrisch gehaltene Muskulatur)
  • FOAM ROLLER / FOAM BALL: Active Release (aktive Muskelkontraktion, wobei die Muskelhülle durch den Ball oder die Rolle „festgehalten“ wird)
  • FOAM ROLLER / FOAM BALL: Querfriktion (quer zum Faserverlauf bei exzentrisch gehaltene Muskulatur)
  • FOAM ROLLER / FOAM BALL: Kompression (Druck auf einer empfindlichen Stelle halten und „wegatmen“)
  • FOAM ROLLER: Sliding  Surface  Contract  and Relax (durch zusätzliches Anspannen (5 Sekunden) und Entspannen die Faszien gegeneinander verschieben)
  • FOAM BALL: Track and Twist (mit dem Ball durch Rotation verschieben)
  • 1 Minute besser als keine
  • 2 x Täglich 3 Techniken (Adler, 2017)

Wir haben einige Beispielübungen im Anhang für Sie aufbereitet.

Literatur:

  • Adler, Stefan (2017) Unterlagen zur DOSB Athletiktrainerausbildung Thema Mobilität
  • Cheatham, Scott W., et al. (2015) Self myofascial release: is it an effective pre-exercise and recovery strategy? Int J Sports Phys Ther 2015
  • Healey, K.C., Hatfield, D.L., Blanpied, P., Dorf¬man, L.R. & Riebe, D. (2014). The effects of myofascial release with foam rolling on performance. Journal of Strength and Conditioning Research, 28 (1), 61-68.
  • Keferstein, Gerrit, Mager, Robert, Houben, Pierre, Adler, Stefan (2015). Eishockey PerformanceBoD – Books on Demand
  • Meyer, Tim, Ferrauti, Alexander, Kellmann, Michael, Pfeiffer, Mark (2016). Regenerationsmanagement im Spitzensport. REGman – Ergebnisse und Handlungsempfehlungen. Sonderpublikation des Bundesinstituts für Sportwissenschaft
  • Macdonald G, Penney M, Mullaley M, Cuconato A, Drake C, Behm DG, Button DC. An Acute Bout of Self Myofascial Release Increases Range of Motion Without a Subsequent Decrease in Muscle Activation or Force. J Strength Cond Res. 2012 May 10. Epub ahead of print.
  • Myers, Thomas W. (2014). Anatomy Trains. Myofasziale Leitbahnen. Für Manual- und Bewegungstherapeuten. 3. Auflage. Urban & Fischer München
  • Pearcey, G.E., Bradbury-Squires, D.J., Kawamoto, J.E., Drinkwater, E.J., Behm, D.G. & Button, D.C. (2015). Foam rolling for delayed- onset muscle soreness and recovery of dynamic performance measures. Journal of Athletic Training, 50 (1), 5-13.
  • Schleip, Robert, Bayer, Johanna (2014). Faszien Fitness. Vital, elastisch, dynamisch in Alltag und Sport. Riva München
  • Sullivan KM, Silvey DBJ, Button DC, Behm, DG. Roller-massager application to the hamstrings increases sit-and-reach range of motion within five to ten seconds without performance impairments. Int J Sports Phys Ther. 2013. 8(3):228-236.
  • Calder, Angie (2001).The Science behind Recovery Strategies for Athletes



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